
Hani Jamal (24, Eritrea) Eritrea ist ein schwieriges Land und in Europa ist wenig bekannt. NGOs bezeichnen dieses Land als abgeschotteten Polizeistaat. Hani Jamal sollte zum Militär eingezogen werden und verweigerte sich. Daraufhin machte er sich zu Fuß auf den Weg nach Europa. Seine lange Reise, teilweise am Rande des Überlebens, führte ihn nach Deutschland. Im Winter 2017 gelangte er schließlich nach Eisenhüttenstadt und wurde von dort im Übergangswohnheim Schönwalde untergebracht. Wilfried Seiring lernte ihn dort in einem Sprach- kurs kennen und nahm sich dann seiner an. Anschließend zog er für eine weitere Sprachausbildung nach Rathenau und lebt nun in einer Wohngemeinschaft mit zwei Freunden. Seine Schwester lebt weiterhin in Eritrea. Seine Mutter arbeitet in Saudi Arabien als Haushaltshilfe um das Geld für die Familie zu verdienen. Hani Jamal sorgt nachts im BioBack- Haus dafür, dass die bestellten Brote da ankommen wo sie geordert wurden. Sein Traum ist der Führerschein. Doch dazu müssen die Deutschkenntnisse noch besser werden. Die Fragen in der schriftlichen Prüfung sind schon für Muttersprachler sehr verzwickt.

Mohamad Alhachmi (41) aus Aleppo, Syrien Im Jahr 2015 machte er sich mit seiner jungen Familie mit drei Kindern auf den Weg, raus aus Krieg und Unterdrückung. Auf der Balkanroute mit den Zwillingen, die gerade 7 Jahre alt waren und dem 6 Monate alten Sohn, quer durch Südeuropa bis nach Brandenburg. Im Schullandheim Schönwalde erlebten sie die ersten ruhigen Tage und konnten sich kurze Zeit später im Übergangswohnheim Erlenbruch Gedanken über die Zukunft in Deutschland machen. Mohamad war Frisör in Syrien und wollte auch in Deutschland wieder in seinem Beruf arbeiten. Er eröffnete seinen zweiten Barbershop in Werder (Havel) und beschäftigt vier Mitarbeiter. Mohamad ist voller Ideen für weitere Projekte.

Yehia Toso (30, Aleppo, Syrien) Die Syrische Armee schreckte 2015 nicht davor zurück, junge Männer einzuziehen, um gegen das eigene Volk zu kämpfen. Yehia wollte nicht auf Menschen, die ihm wichtig waren und die friedlich gegen das Assad Regime protestierten, schießen müssen. Er studierte bereits Sozialpädagogik und stand kurz vor dem Abschluss, als er sich zusammen mit seinem Bruder auf den Weg nach Europa machte. Seine Eltern und den jüngsten Bruder musste er zurücklassen. Erst in Österreich, als beide in Sicherheit waren, erfuhr er von seiner Mutter, dass alle Prüfungen bestanden waren und er ein abgeschlossenes Studium vorweisen konnte. 2015 kam er nach Schönwalde und lebte für 3 Jahre im Erlenbruch. Diese Zeit nutze er, um sich in seinem Beruf weiterzubilden und sich für eine Arbeit in Deutschland vorzube- reiten. Viele Schönwalder haben ihn durch seinen Auftritt als Clown in der Dorf- kirche kennengelernt. Mit Staunen begegneten seine Zuschauer der Welt eines jungen Syrers in Deutschland. Zwischenzeitlich konnte er eine Anstellung als Sozialpädagoge bei der AWO in Rathenow bekommen und ar- beitet zukünftig beim Land Berlin. In beiden Stellen betreut er Geflüchtete und versucht ihnen den Weg in die Gesellschaft zu erleichtern.

Rula Alswad (Damaskus) und Hussein Al Naasan (Idlib, Syrien) Die Flucht aus Syrien war schwierig und traumatisch. Rula folgte zu Fuss der Balkanroute und kam bis Spandau. Hussein wurde gejagt und geschlagen, kam schließlich über Österreich und einem Irrweg durch Deutschland in der ersten Gruppe Geflüchteter nach Schönwalde. In Syrien folgte er einer alten Familientradition als Mosaikleger und arbeitete nach seinem Studium als Geschichtslehrer. Rula war Krankenschwester. Beide lernten sich 2017 kennen, heirateten und zogen in eine kleine Wohnung in Reinickendorf. Ein Jahr später wurde Hussein Physiotherapeut und arbeitet seitdem in einem Wellnesscenter. Sie haben sich beide für ein weiterfüh- rendes Studium entschieden. Rula möchte danach im Sozial- oder Krankenhausmanagement arbeiten und Hussein sein Studium der Politik- wissenschaft beenden. In ihrer Freizeit betreibt Rula einen Kochblog auf YouTube. Zurück nach Syrien zieht es beide nicht. Die Familien und Freunde sind hier und die alte Heimat ist zerstört. Christel Racholz betreut Hussein seit vielen Jahren und ist nun die beste Freundin der Familie geworden. Gemeinsam feiern sie Feste und fahren zusammen in den Urlaub.

Sohrab Ahmadi (25, Afghanistan) In einem kleinen Ort nördlich von Kabul mit seiner Familie zu leben, in der Werkstatt des Vaters als Automechaniker zu arbeiten und in der Freizeit Boxsport zu betreiben, hört sich auf den ersten Blick wie eine ganz normale Familiengeschichte an. Die Taliban suchten gezielt erfolgreiche Sportler, die ihre Kämpfer trainieren sollten. Bei Weigerung wurden sie inhaftiert, gefoltert und zum Dienst in der Terrororganisation gezwungen. Im Juli 2015 machte er sich auf den Weg nach Europa um sein Leben zu retten. Sohrab gelang die Flucht trotz schwerer Verletzungen. Nach mehreren Monaten erreichte er Schönwalde und wurde als einer der ersten Geflüchteten im Über- gangswohnheim untergebracht. Hier bekam er Kontakt zu Karl-Heinz Kordt und Lutz Breddin. Sie nahmen den jungen Mann bei sich zuhause auf und sorgten für seine schulische und berufliche Ausbildung. Im Laufe der Zeit sind sie zu seinen deutschen Eltern geworden. Die neue Sprache zu lernen, dann einen Schulabschluss zu erreichen und eine Berufsausbildung abzu- schließen waren ein sehr langer Weg. Heute fährt Sohrap den größten Bus der bei der Regiobus Potsdam Mittel- mark GmbH zugelassen ist. Er ist stolz auf das Erreichte.

Mohammad Tamim Faqiry (30, Afghanistan) Mohammad studierte bereits 3 Jahre Jura in Afghanistan, als er 2015 flüchten musste. Als er sich weigerte von den Taliban rekrutiert zu werden, wurde die Situation für den Karatesportler, der schon 12 Jahre in der Nationalmannschaft sein Land vertrat, immer bedrohlicher. Sein Ziel war Europa, egal wohin. Die ungarische Polizei griff ihn auf, brachte in nach Österreich, von wo er dann nach Deutschland transportiert wurde. Eine Odyssee über Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Friesack brachte ihn nach Schönwalde. Als angehender Jurist wollte er in Deutschland weiter machen, doch er entschied sich für eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Heute arbeitet Mohammad im Vivantes Klinikum Friedrichshain und bildet sich dort zum Anästhesie- und Intensivpfleger fort. Im Übergangswohnheim lernte er Heike Thiemann kennen. Sie nahm ihn bei sich auf und Mohammad erfuhr Menschlichkeit und lernte Deutsch. Sie ist sein zweites Zuhause geworden. Beide haben nach dem Umzug in die eigene Wohnung engen Kontakt. Mohammad betreut ehrenamtlich Afghanen, die neu in Deutschland sind und hilft ihnen, sich einzuleben. Sein Karatesport ist ihm weiterhin wichtig und deshalb trainiert der Vizeweltmeister regelmäßig, wenn es seine Zeit zulässt.
Rainer Steußloff
Brieselang, 26.04.2022
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